

Digitales PCR-Protokoll — Übersicht
Probenvorbereitung – dPCR-Assay
Probenreinheit
Da bei einer PCR mehrere Zyklen enzymatischer Reaktionen stattfinden, ist sie anfälliger für Verunreinigungen z. B. durch Proteine, Phenol/Chloroform, Salze und EDTA als enzymatisch katalysierte Ein-Schritt-Reaktionen. Die Reinheit der Nukleinsäuren-Templates ist wichtig für die dPCR, da Kontaminanten mit dem Fluoreszenznachweis interferieren können.
- Alkohole (Ethanol, Isopropanol) und Salze beeinträchtigen die Annealing-Eigenschaften von Primern und Sonden und reduzieren die Amplifikationseffizienz, was z. B. zu reduzierter Fluoreszenz von Positiven und einer erschwerten Unterscheidung zwischen positiven und negativen Partitionen führt.
- Huminsäuren quenchen die Fluoreszenz von dsDNA-bindenden Farbstoffen wie z. B. EvaGreen
- Nukleasen bauen RNA und DNA ab
- Harnstoff und Phenol denaturieren die Taq-Polymerase
- Saure Polysaccharide imitieren Nukleinsäuren und bilden Dead-End-Komplexe mit der Taq-Polymerase
Obwohl sie weniger anfällig für Hemmwirkungen ist als die qPCR, funktioniert die dPCR am besten, wenn Templates mit hoher Template-Reinheit eingesetzt werden. Es sind verschiedene Kits verfügbar, um abhängig vom Template, z. B. genomischer DNA, Plasmid-DNA, Gesamt-RNA usw., eine hohe Nukleinsäurereinheit und PCR-Effizienz zu erreichen.
Probenintegrität: Länge und Sequenz
Länge und Sequenz des Amplifikats haben einen ebenso großen Einfluss auf den Erfolg eines dPCR-Experiments wie die Template-Reinheit. Stark degradierte Template-RNA und -DNA weisen meist eine Diskrepanz zwischen OD-quantifizierter DNA-Menge und der Anzahl der mittels dPCR amplifizierten und nachgewiesenen Kopien auf. Um die gewünschte Sensitivität zu erreichen, kann eine größere DNA-Menge als erwartet erforderlich sein (z. B. beim Mutationsnachweis). Es ist empfehlenswert, die Amplifikate so kurz wie möglich zu halten, insbesondere bei Verwendung stark degradierter Proben (FFPE-DNA, cfDNA).Auf ähnliche Weise können verbliebene Quervernetzungen die Strangtrennung und -amplifikation verhindern und abasische Stellen können eine unspezifische Amplifikation verursachen. Für die Gewinnung hochwertiger gDNA aus FFPE-Proben sind spezielle Kits und Protokolle verfügbar.
In den folgenden Fällen empfiehlt es sich, vor dem digitalen PCR-Assay einen Restriktionsverdau durchzuführen:
- Hochviskose Lösungen – Eine hohe Viskosität könnte die Messgenauigkeit senken, besonders bei Einsatz hoher DNA-Mengen in kleineren Volumen. Mithilfe eines Restriktionsverdaus zur Senkung der Viskosität können im dPCR-Protokoll deutlich höhere DNA-Konzentrationen (1 µg) eingesetzt werden.
- Verknüpfte oder Tandem-Genkopien – Wenn eine positive Partition mehrere Kopien enthält, werden die verknüpften Kopien als eine Kopie gezählt. Dieses Problem kann mittels Restriktionsverdau gelöst werden, durch welchen die Genkopien physikalisch voneinander getrennt werden und so unabhängig in verschiedene Partitionen migrieren können.
- Supercoiled Plasmide – Ein Restriktionsverdau wird empfohlen, um die Plasmid-DNA zu linearisieren und die Zugänglichkeit und Effizienz der Primer-/Sondenbindung an die DNA zu verbessern. Dies verbessert die Genauigkeit der Plasmidquantifizierung.
- Große DNA-Moleküle (> 30 kb) – Bei größeren DNA-Molekülen könnte es zu einer ungleichmäßigen Partitionierung kommen, welche zu einer Überquantifizierung der Template-Konzentration führen würde. Ein Restriktionsverdau fragmentiert die großen Templates in kleinere Abschnitte, was zu einer gleichmäßigen Verteilung und genaueren Quantifizierung verhilft.
Probeneinsatzmenge
Die Probeneinsatzmenge ist abhängig von der verwendeten dPCR-Technologie. Bei der digitalen Nanoplatten-PCR mit QIAcuity können in 26k-Nanoplatten bis zu 217 000 Kopien je Reaktion und in 8,5k-Nanoplatten bis zu 170 000 Kopien je Reaktion eingesetzt werden.Berechnung der Kopienzahl
Wenn die haploide Genomgröße eines Organismus bekannt ist, kann die Korrelation zwischen der eingesetzten Masse an genomischer DNA (gDNA) und der resultierenden Kopienzahl (bei Genen mit nur einer Kopie) anhand folgender Formel berechnet werden:
Genomgröße (bp) x Durchschnittsgewicht eines einzelnen Basenpaars (1,096 x 10–21 g/bp)
Für das menschliche Genom mit einer Genomgröße von etwa 3,3 x 109 bp sieht die Berechnung folgendermaßen aus:
3,3 x 109 bp x 1,096 x 10−21 g/bp = 3,3 x 10−12 g = 3,3 pg
In der nachstehenden Tabelle ist die Kopienzahl ausgehend von 10 ng gDNA für mehrere Modellorganismen aufgeführt.
Replikate
Es empfiehlt sich, die Proben in Doppel- oder Dreifachbestimmung zu analysieren, um eine systematische Messabweichung bei der Quantifizierung aufgrund von Pipettierfehlern zu vermeiden. Das Zusammenfügen der Daten von Duplikaten erhöht die Anzahl gemessener Ereignisse. Dadurch wird die Präzision des digitalen PCR-Assays erhöht.
Kontrollen
- Negativkontrollen – erforderlich zum Überwachen falsch positiver Reaktionen, welche aufgrund von Kontaminationen oder Problemen mit den Primern und Sonden auftreten können. Negativkontrollen werden auch eingesetzt, um die Nachweisgrenze (LOD) zu bestimmen.
- Positivkontrollen – eingesetzt, um zu testen, ob die Template-Amplifikation unter den festgelegten Reaktionsbedingungen eintritt
- Kontrollen ohne Template (NTCs) – Kontrolle auf Kontaminationen in allen Reagenzien
Nachweischemie
Vorgehen beim Design von Primern und Sonden
Lagerung von Primern und Sonden
Neben einem sorgfältigen Assaydesign und der Verwendung geeigneter Primer- und Sondenkonzentrationen ist auch die korrekte Lagerung von Primern und Sonden für den Erfolg einer dPCR entscheidend.
Lyophilisierte Primer und Sonden sollten in einem kleinen Volumen eines salzarmen Puffers wie 100 µM TE-Puffer (10 mM Tris-Cl, 1 mM EDTA, pH 8,0) aufgelöst werden, um eine konzentrierte Stammlösung herzustellen. Ausnahmen sind mit den Fluoreszenzfarbstoffen Cy5 und Cy5.5 markierte Sonden. Diese sind in TE‑Puffer mit pH 7,0 aufzubewahren, da sie dazu neigen, sich bei höherem pH-Wert zu zersetzen.
Zur Lagerung der Primer können kleine Aliquote in nukleasefreiem TE‑Puffer bei -20 °C mindestens 1 Jahr lang aufbewahrt werden. Fluoreszenzmarkierte Sonden sind unter den gleichen Bedingungen 6 bis 9 Monate lang haltbar. Wiederholte Einfrier-/Auftauzyklen sind zu vermeiden, um das Risiko einer Zersetzung zu vermeiden.
Als Primer-Sonden-Sets für dPCR-Multiplex-Assays können 20x Primer-Sondenmischungen bestehend aus 2 Primern und 1 Sonde für ein bestimmtes Target in den vorgeschlagenen Konzentrationen verwendet werden.
Zur Rekonstitution von Primern und Sonden sollte ein Röhrchen mit einem lyophilisierten Primer oder einer lyophilisierten Sonde vorsichtig zentrifugiert werden, um das gesamte Material am Boden des Röhrchens zu sammeln. Anschließend sollte das erforderliche Volumen des sterilen, nukleasefreien TE‑Puffers zugegeben, gemischt und die Mischung 20 Minuten stehen gelassen werden, damit sich der Primer oder die Sonde vollständig auflösen kann. Die Primer- oder Sondenlösung sollte dann erneut gemischt und die Konzentration spektrophotometrisch bestimmt werden. Ein Tipp für die Fehlerbehebung bei der dPCR ist, das Auflösen der Primer und Sonden in Wasser zu vermeiden. Einige dieser Primer und Sonden sind in Wasser weniger löslich und stabil als in TE‑Puffer.
Durchführen eines dPCR-Laufs
Tipps für das Laden der Probe
Der erste der drei dPCR-Reaktionsschritte ist das Vorbereiten und Laden der Probe. Bei der Vorbereitung des PCR-Gemischs und dem Laden auf die Nanoplatte sind die folgenden Empfehlungen zu berücksichtigen:
- Dekontaminieren Sie Arbeitsbereich und Laborutensilien, um das Risiko einer Kontamination mit Fremd-DNA zu reduzieren.
- Um eine maximale PCR-Effizienz zu gewährleisten, testen Sie die Probe vor dem tatsächlichen digitalen PCR-Assay in verschiedenen Verdünnungen.
- Tauen Sie alle Komponenten vor dem Ansetzen von Reaktionsgemischen vollständig auf, mischen Sie die Komponenten gründlich, um homogene Lösungen zu erhalten, und zentrifugieren Sie kurz, um ein Überschwappen zu vermeiden.
- Kombinieren Sie den Master-Mix mit Probe, Primern, RNase-freiem Wasser und Restriktionsenzymen (falls verwendet).
- Verwenden Sie sterile Pipettenspitzen.
- Pipettieren Sie das Reaktionsgemisch in die Nanoplatte. Achten Sie darauf, bei der Probenüberführung und dem späteren Transport der Platte keine Luftblasen in die Wells der dPCR-Nanoplatte einzubringen.
- Um eine Verdampfung und Kontamination zu verhindern, versiegeln Sie die Nanoplatte unter Zuhilfenahme eines Rollers sorgfältig mit Folie.
- Halten Sie die Nanoplatte beim Transport zum dPCR-Gerät nur an den Seitenkanten und achten Sie darauf, sie nicht zu schütteln oder umzudrehen, damit das dPCR-Reaktionsgemisch am Boden der Eingabe-Wells bleibt.
- Richten Sie die Software ein und starten Sie den dPCR-Lauf.
Tipps für die Amplifikation
Der zweite der drei dPCR-Reaktionsschritte ist die Ausführung des dPCR-Protokolls mittels Amplifikation. Bei diesem Schritt wird das Reaktionsgemisch in jedem Well auf Tausende Einzelreaktionen aufgeteilt. Die PCR-Reaktion wird in einem Thermocycler durchgeführt. Wenn in einer Partition Template-Material vorhanden ist, wird bei der Bildgebung ein positives Fluoreszenzsignal detektiert. Die Bilder werden mit spezialisierter Software bearbeitet. Der aktuelle Plattenstatus kann in der Regel direkt am dPCR-Gerät oder über die verbundene Software-Suite überwacht werden.
Einige Tipps zum Erreichen optimaler Amplifikationsbedingungen und einer optimalen PCR-Effizienz:
- Annealing-Temperatur – Sie kann die Spezifität des dPCR-Assays beeinflussen und liegt in der Regel zwischen 55 °C und 65 °C. Die optimale Annealing-Temperatur liegt dort, wo die größte Trennung zwischen positiven und negativen Partitionen erreicht wird. Eine Erhöhen der Annealing-Temperatur kann nützlich sein, um die Trennung zwischen positiven Signalen und Hintergrundrauschen zu verbessern.
- Amplifikationszyklen – Es werden mindestens 40 Amplifikationszyklen je Lauf empfohlen, um eine ausreichende Trennung zwischen positiven Signalen und Hintergrundrauschen zu erreichen. In einigen Fällen muss die Anzahl der Temperaturzyklen ggf. erhöht werden, um eine optimale Leistung zu erzielen.
Datenanalyse bei der digitalen PCR
Im letzten der drei dPCR-Reaktionsschritte erfolgt die Datenanalyse für die digitale PCR mittels absoluter Quantifizierung auf Basis von Poisson-Statistik.
Die QIAcuity Software Suite kann die Datenanalyse für die digitale PCR entsprechend den Applikationszielen durchführen: absolute Quantifizierung, Mutationsnachweis, Genomediting, Kopienzahlvariation oder Genexpression. Bei der Analyse zur absoluten Quantifizierung (First-Level-Analyse) erstellt die Software ein Konzentrationsdiagramm und eine Ansicht der positiven und negativen Partitionen für ausgewählte Wells. Eine Heatmap zeigt den Target-Kanal neben dem Referenzkanal. Anhand von Histogrammen und Streudiagrammen können die Schwellenwert-Einstellungen geändert und die Ergebnisse neu berechnet werden. In der QIAcuity Software Suite können Sie Berichte über die Analyseergebnisse Ihrer Platte erstellen. Die absolute Quantifizierung ist die Voraussetzung für alle nachfolgenden Berechnungen und Second-Level-Analysen (z. B. Analyse zum Mutationsnachweis, Genexpressionsanalyse, Analyse von Kopienzahlvariationen usw.).
Tipps für die Datenanalyse bei der digitalen PCR:
- Legen Sie einen Schwellenwert für die Klassifizierung von Partitionen als positiv oder negativ fest, der knapp oberhalb des Clusters der negativen Partitionen liegt.
- Verwenden Sie die NTC-Probe mit ausschließlich negativen Partitionen zum Festlegen des Schwellenwerts, führen Sie aber auch eine Inspektion aller Wells durch.
- Sie können die Fluoreszenzamplitude einzelner Wells leicht höher oder niedriger als die NTCs festlegen, um eine Fehlklassifizierung einiger Partitionen zu vermeiden.
- Obwohl kein Konsensuswert vorliegt, wird eine Reaktion normalerweise als positiv bewertet, wenn die Anzahl positiver Partitionen 2 überschreitet.
- Verwenden Sie beim Umgang mit Variationen von Well zu Well und Charge zu Charge den Volumenpräzisionsfaktor (VPF), um das exakte Volumen jedes Wells zu definieren, und wenden Sie den Faktor bei Konzentrationsberechnungen durch Ihre Software an.
Beispiele für digitale PCR-Daten
Digitale MIQE(dMIQE)-Richtlinien
Die Checklisten-Elemente der dMIQE-Richtlinien gelten bei der Publikation von dPCR-Ergebnissen als unerlässlich. Die Informationen, die berichtet werden müssen, umfassen u. a.:
- Mittlere DNA-Target-Kopien je Partition (λ)
-
Anzahl verwendeter Partitionen (zusammen mit den mittleren DNA-Target-Kopien können diese Werte die Präzision des dPCR-Assays bestimmen)
-
Strukturinformationen zum Template, da die Art der Probe die Datengenauigkeit und -zuverlässigkeit beeinflussen könnte:
- Template-Typ der einzelnen Partitionen: genomisch, Plasmid usw.
- Quelle: Organismus, Gewebe, Zelle, Lebensmittel, Pflanze usw.
- Behandlung: Restriktionsverdau, Ultraschallbehandlung, Präamplifikation, Verdünnung, keine
- Volumen der einzelnen Partitionen, da dieses Volumen über dPCR-Plattformen variieren kann
- Gesamtvolumen der Reaktion, welches durch Multiplikation der Anzahl Partitionen mit dem Partitionsvolumen berechnet werden kann
- Arten der verwendeten Kontrollen
- Repräsentative Amplifikationsplots oder Endpunkt-Fluoreszenzwerte der positiven und negativen experimentellen Daten
- Beispielhafte experimentelle Varianz, vorzugsweise aus verschiedenen biologischen Replikaten, um die experimentelle Unsicherheit genauer erfassen zu können
- Andere
Vorgehen beim Übertragen und Optimieren von Assays von der qPCR zur dPCR
Parameter für die Optimierung von dPCR-Assays
Bei Einrichtung eines neuen Assays empfiehlt sich jedoch immer ein anfänglicher Pilottest, um die Leistung zu beurteilen. Es ist auch anzuraten, gut charakterisierte und repräsentative Kontrollen in einer geeigneten Hintergrundmatrix zu verwenden. Der Assay sollte optimiert werden, um die analytische Genauigkeit sicherzustellen, wenn die Leistung suboptimal ist. In solchen Fällen müssen die Einzelheiten des Optimierungsprozesses unbedingt berichtet werden, um die Reproduzierbarkeit zu gewährleisten.
Zur schnellen Optimierung suboptimaler Assays durch Ausführung eines Temperaturgradienten in den Annealing-Schritten können die QIAcuity Master-Mixe auch auf jedem beliebigen Real-time PCR-Gerät analysiert werden.
Fehlerbehebung für die digitale PCR
dPCR-Experimente können von ähnlichen Problemen betroffen sein wie qPCR oder traditionelle oder herkömmliche PCR. Allerdings gibt es einige spezifische Herausforderungen, die bei der Durchführung eines digitalen PCR-Assays auftreten könnten. Die nachstehende Tabelle dient als Ratgeber für die Fehlerbehebung bei der dPCR. Häufig auftretende Probleme in einem typischen dPCR-Protokoll werden zusammen mit möglichen Ursachen und Empfehlungen von Experten beschrieben.
Mehr Unterstützung bei der dPCR-Optimierung
Literatur
Iowa Institute of Human Genetics – Droplet Digital PCR (Zugriff am 20. January 2023)
Lindner L et al. Reliable and robust droplet digital PCR (ddPCR) and RT-ddPCR protocols for mouse studies. Methods. 2021; 191(4):95-106.
QIAGEN. QIAcuity User Manual Extension. June 2021.
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Sidstedt M, Rådström P, Hedman J. PCR inhibition in qPCR, dPCR and MPS – mechanisms and solutions. Analytical and Bioanalytical Chemistry. 2020; 412:2009-2023.
The dMIQE Group and Hugget JF. The Digital MIQE Guidelines Update: Minimum Information for Publication of Quantitative Digital PCR Experiments for 2020. 2020; Clin Chem 66(8):1012-1029.